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Tirol holt sich Expertise für CO₂-freien Busverkehr in der Schweiz

Anfang September besuchte eine Delegation aus Tirol die Schweizer Stadt Winterthur im Kanton Zürich, um sich vor Ort über den Betrieb und die Organisation der dortigen emissionsfreien öffentlichen Fahrzeugflotte zu informieren. Ziel des Besuchs war es, Erfahrungen und Erkenntnisse für eine weitere Dekarbonisierung des öffentlichen Verkehrs in Tirol mitzunehmen.

Tiroler Delegation besucht Trolleybusse in Winterthur

Von links: Johannes Strobl (BM Aldrans), Johannes Piegger (Bürgermeister Sistrans), Janine Bex (Stadträtin Innsbruck), Martin Baltes (GF IVB), Alexander Jug (GF VVT), René Zumtobel (Mobilitätslandesrat), Stefan Fritschi (Stadtrat Winterthur), Johannes Anzengruber (Bürgermeister Innsbruck), Josef Singer (Bürgermeister Götzens) © Claudia Jöchl/VVT

Winterthur als Vergleichsbeispiel

Gastgeber war Stadtbus Winterthur, das kommunale Verkehrsunternehmen der Stadt Winterthur und welches 96 Fahrzeuge, davon 38 elektrisch betriebene Trolleybusse, zu seiner Flotte zählt. Winterthur verfügt über rund 115.000 EinwohnerInnen, das Verkehrsunternehmen der Stadt befördert jährlich etwa 31 Millionen Fahrgäste und verzeichnet ein Fahrleistungsvolumen von rund sechs Millionen Kilometern. Damit ist die Stadt in ihrer Größenordnung und Verkehrsleistung mit der Landeshauptstadt Innsbruck vergleichbar.

Seit 1952 setzt die Stadt auf Trolleybusse, die Flotte wurde laufend erweitert. Anders als Straßenbahnen brauchen Trolleybusse keine Schienen – sie nutzen die normale Fahrbahn, sind aber an die Oberleitung gebunden. 2022 wurden erstmals Doppelgelenktrolleybusse mit einer Länge von 25 Metern und Platz für 220 Personen in Betrieb genommen. Parallel dazu investierte Winterthur in Betriebshöfe, Ladeinfrastruktur und Werkstätten. Ziel ist, bis spätestens 2036 alle Dieselbusse durch elektrische Fahrzeuge zu ersetzen.

Auf dem Programm standen eine Einführung im Betriebshof, eine Fahrt mit einem Trolleybus samt Demonstration sowie die Besichtigung der Werkstätten, Lackier- und Waschanlagen – begleitet von viel persönlichem Austausch.

 

TeilnehmerInnen aus Tirol

An der Informationsreise nahmen Mobilitätslandesrat René Zumtobel, Innsbrucks Bürgermeister Johannes Anzengruber, Stadträtin Janine Bex, VVT-Geschäftsführer Alexander Jug, IVB-Geschäftsführer Martin Baltes und IVB-Prokurist Ekkehard Allinger-Csollich teil. Ergänzt wurde die Delegation durch die Bürgermeister Johannes Strobl (Aldrans), Johannes Piegger (Sistrans) und Josef Singer (Götzens).

 

Zentrale Herausforderungen für einen CO₂-freien Busverkehr

Die vollständige Dekarbonisierung des öffentlichen Verkehrs stellt Tirol wie auch andere Regionen vor große Aufgaben. Die Green Vehicle Directive der EU verpflichtet öffentliche Auftraggeber, beim Kauf von Straßenfahrzeugen Umweltkriterien zu beachten. In einem ersten Schritt sind ausgeschriebene und beschaffte Stadtbusse bis Ende 2030 zu mindestens 65 Prozent auf saubere Straßenfahrzeuge (Gas-, Biokraftstoff- und Plug-in-Hybrid-Busse) umzustellen, wobei die Hälfte des Mindestanteils auf emissionsfreie Straßenfahrzeuge (Wasserstoff-, Trolley- und batterieelektrische Busse) zu entfallen hat. Damit setzt die EU klare Schritte in Richtung klimafreundlicher und langfristig emissionsfreier öffentlicher Busflotten. In Österreich wurde dies durch das Straßenfahrzeug-Beschaffungsgesetz umgesetzt. 

Dafür muss die gesamte Infrastruktur an neue Antriebstechnologien angepasst und eine konsequent nachhaltige Energienutzung sichergestellt werden. Gleichzeitig gilt es, das stetige Wachstum des öffentlichen Verkehrs zu bewältigen und dabei sowohl Qualitätsvorgaben als auch die steigende Nachfrage, sowie neue Bedürfnisse der Fahrgäste zu erfüllen.

 

Erfahrungen für Tirol

Für Tirol gilt: eine Strategie zu entwickeln, die zu den hiesigen Rahmenbedingungen passt. Die enge Kooperation zwischen Land Tirol und Stadt Innsbruck sowie IVB und VVT ist dabei zentral, um Synergien zu nutzen. Das öffentliche Verkehrsnetz ist ein eng verwobenes System – zukunftsfähige Lösungen können nur gemeinsam entwickelt werden.

Ein entscheidender Faktor ist neben der Herstellung der Infrastruktur, die effiziente Nutzung von Betriebs- und Fahrgastdaten im Sinne der Digitalisierung, um Prozesse zu optimieren, Kosten zu reduzieren und Automatisierungspotenziale zu nutzen. Ebenso wichtig sind die Einbindung und Weiterentwicklung der Belegschaft im Rahmen eines aktiven Changemanagements sowie die laufende Umsetzung neuer regulatorischer Vorgaben. Nur durch ein ausgewogenes Zusammenspiel dieser Faktoren kann der Umstieg auf emissionsfreie Busse langfristig erfolgreich gelingen.

Mobilitätslandesrat René Zumtobel sieht in Winterthur ein Beispiel für den Weg in eine CO₂-freie Buszukunft: „Besonders beeindruckend war der Einsatz der neuen Doppelgelenktrolleybusse: 220 Fahrgäste in einem Fahrzeug entsprechen rund 183 Autos mit durchschnittlicher Besetzung in der Hauptverkehrszeit. Das zeigt einerseits, wie man steigender Nachfrage bei gegebener Infrastruktur gerecht wird und verdeutlicht andererseits, welches enorme Potenzial im Ausbau moderner, emissionsfreier Bussysteme steckt. Unser Ziel ist es, diese Erfahrungen für Tirol nutzbar zu machen und gemeinsam mit Innsbruck, IVB und VVT eine zukunftsfähige Strategie für einen klimafreundlichen öffentlichen Verkehr zu entwickeln.“

„Der Besuch in Winterthur war ein Baustein, um Know-how zu sammeln und Impulse für die weitere Planung zu erhalten.“, so VVT-Geschäftsführer Alexander Jug.

„Für uns war es besonders spannend zu sehen, wie ein modernes Trolleybussystem Stadt und Umland verbindet. Für die Dekarbonisierung der IVB-Flotte nehmen wir wertvolle Erfahrungen aus Winterthur mit“, erklärt Ekkehard Allinger-Csollich, designierter Geschäftsführer der IVB.

 

Fazit der politischen VertreterInnen der Stadt Innsbruck und den umliegenden Planungsverbänden: 

Johannes Anzengruber, Bürgermeister der Stadt Innsbruck: „Was den Öffentlichen Verkehr anlangt, gilt die Schweiz nicht umsonst als Role Model. Für Innsbruck war es interessant zu sehen, wie eine Stadt vergleichbarer Größe den Einsatz von eTrolleybussen organisiert. Solche Beispiele unterstützen uns dabei, zukunftsfähige Verkehrslösungen zu entwickeln.“

Janine Bex, Mobilitäts- und Klimastadträtin Innsbruck: „Die Mobilitätstransformation gelingt nur im Zusammenspiel mit der Energiewende. Der Besuch in Winterthur hat eindrucksvoll gezeigt, dass ein schrittweiser Umstieg möglich ist, wenn Stadt, Region und Verkehrsbetriebe gemeinsam an einem Strang ziehen. Ich bin überzeugt, dass wir die Dekarbonisierung schaffen – Schritt für Schritt, aber mit klarer Entschlossenheit.“

Johannes Piegger, Bürgermeister Sistrans und Obmann des Planungsverbandes Südöstliches Mittelgebirge: „Die Entwicklung des öffentlichen Verkehrs betrifft nicht nur die Städte, sondern auch die Umlandgemeinden. Der Blick nach Winterthur zeigt, wie wichtig ein abgestimmtes Gesamtsystem ist.“

Josef Singer, Bürgermeister Götzens und Obmann des Planungsverbandes Westliches Mittelgebirge:„Gerade für das westliche Mittelgebirge mit dem sehr hohen Anteil in der Nutzung des öffentlichen Verkehrs ist es wesentlich, sich frühzeitig gemeinsam an einen Tisch zu setzen. Die Exkursion nach Winterthur hat verdeutlicht, welche Chancen und Herausforderungen in der Umstellung stecken. Allerdings ist es angesichts der dynamischen Entwicklung z.B. im Bereich der Akkus schwierig, die richtige System-Entscheidung jetzt schon zu treffen.“